dispositiv und maschine
Das in das Dispositiv einer Trikolore gesetzte Schwarz-rot-gold schließt den Widerspruch in sich ein, den es selbst aufmacht; es schließt sich durch das Zusammenfallen von der historisch in Deutschland als normative Kraft oder potestas verstandenen Regel (Schwarz/Gold) und der im selben Kontext als die separate, ausgenommene auctoritas (Rot) am Ort der Ausnahme in jenem Dispositiv selbst kurz. In erster Linie dadurch (es gäbe hier noch weiteres zu berichten) ist sie schon immer (1848-1849, 1919-1933, 1949-1991) das Zeichen einer Phase des Übergangs zu einer Diktatur.
(I) das zwickmühlen-dispositiv "trikolore"
ausspielend ins offene gesetzt (die trikolore)
"Das Offene, in das jedes Seiende (...) befreit ist, das Offene ist das Sein selbst" (Heidegger, S. 224)
Die Trikolore bildet gemäß dem Paradigma des Justitiums das Dispositiv des "Ausnahmezustands" nach, bzw. dessen Herrschaftsraum ab: eine Zone der Unentscheidbarkeit hinsichtlich einer geltenden Regel erlangt klandestin Geltung, ein politischer Belagerungszustand, der, indem er "vorgibt, gesetzlich geregelt zu sein mit dem Ziel, in irgendeiner Weise die individuellen Rechte und Freiheiten zu schützen" (vgl.: Agamben 7, S. 71), bloß sein Territorium (und dessen als Geiseln genommene Bewohner) gegen just jenes Offene ausspielt (was dabei zum Geschäft der Juristen wird):
trikolore (a)
trikolore (b)
trikolore (c)
trikolore (d)
(II) die besondere, tasächlich aus nur zwei elementen bestehende trikolore "SchwarzRotGold von 1848" und ihr ruf nach einem "ek-statischen Souverän" - einer diktatur
was geschah 1848? der mit der falschen formel "schwarz-rot-gold" bezeichnete pseudo-dreifarb "schwarzrotgold von 1848"
Das Konstrukt "Schwarzrotgold von 1848" bildet — in einer paradigmatischen Darstellung des Dispositivs des "'Ausnahmezustands', der die Regel ist", des Justitiums — die Grundstruktur des offenbar immer und unter allen (auch "kommunistischen") Umständen nach einer elitär-souveränen, totalitär-absolutistischen, "ek-statischen" (d. h. zugleich ausserhalb der Rechtsordnung stehenden und doch zu ihr gehörenden) Beherrschung verlangenden, d. h. zwangsläufig in die eine oder andere an sich gemeinhin unerwünschte Herrschaftsform führenden Kapitalismus ab bzw. nach:
In seiner "ausgenommenen", d. h. durch Einschluss ausgeschlossenen (siehe Abb. links) Mitte steht das "automatische Subjekt" (Marx), Synonym für "abstrakte Arbeit", für Kapital, welches letztendlich auf das Potenzial des Einzelnen — bzw. dessen Raub — zurückgeht.
In dieser Fahne, auf die seit ihrer ersten Inauguration im Jahr 1848 trotz aller möglichen schlechten historischen Erfahrungen, zu denen sie selbst jeweils die Überleitung gebildet hatte und dann von den durch sie instigierten Ereignissen hinweggefegt worden war, immer wieder (1919, 1949, 1990) — letztlich wohl aufgrund mangelnder, gerade von der selbstbelügenden (und insofern von den "christlichen", pseudochristlichen, vom Oberhirten im Vatikan genauso wie von seinen "protestantischen" Antipoden auf den Thronen der evangelischen Landesfürsten stets als seine bzw. ihre inquisitorisch bzw. freimaurerisch "gepflegte" Machtbasis und Machtressource eingewickelten Deutschen immer wieder nur allzu gerne aufgenommenen, sie scheinbar — aber eben wirklich nur zum Schein — mit einem Brocken Teilhabe für die darangegebene höhere Wahrheit entschädigende) Legende um diese keineswegs "demokratische" Fahne stets aufgefressener Kreativität — zurückgegriffen wurde, wird gleichsam alles lebendige Potenzial des Menschen, der Erde und des Himmels vergegenständlicht, einer Art kollektiver Zwangsmetaphysik unterworfen und ... vom (hypothetisch gemeinsamen, heutzutage beispielsweise bereits vollkommen durchprivatisierten bzw. von diversen Mafien unterwanderten und vereinnahmten) Staat abgreifbar gemacht.
Der Staat, dessen Fahne bzw. "Hoheitszeichen" dies ist, ist unweigerlich und ebenso "automatisch" auf seine autoritäre "Bewirtschaftung" — im Falle der Ermüdung der kulturellen Kraft, so wie sie heute z. B. an den massenhaften und immer neue Rekordhöhen erreichenden, also epochalen, das objektive Ende der "christlichen" Epoche verkündenden Kirchenaustritten abgelesen werden kann, eben dann nicht mehr moralische, sondern kriminell-autoritäre Bewirtschaftung — angewiesen.
Der Beginn der letzten Übernahme der Staatsgewalt in diesem Sinn — die bis dahin bekanntlich auf die verschiedenen Besatzungszonen der Siegermächte des 2. Weltkriegs aufgeteilt und unter deren Kommando gestellt gewesen war) datiert vom 3. Oktober 1990, dem Tag des Beitritts der DDR zur BRD, als unter der reichlich ferngesteuert erscheinenden Kanzlerschaft Helmut Kohls (der dann bekanntlich sein Schwarzgeldkassen-"Ehrenwort" gegeben hat, die Absender seiner Ost-Bewirtschaftungs-"Parteispenden" nicht zu verraten, aber gerichtlich verurteilt wurde und zurücktreten musste) die "staatliche Souveränität" Deutschlands — das Oberkommando über den mit "Schwarz-Rot-Gold von 1848" angezeigten bzw. "automatisch verhängten" Ausnahmezustand — keineswegs an eine deutsche Selbstverwaltung zurückgegeben, sondern ganz dem amerikanischen Sektor zugeschlagen wurde.
Was nun die kulturelle Kraft der USA anbelangt, mit der sie — über das in dieser Fahne "Schwarz-Rot-Gold von 1848" angezeigte, 1945-1990 schon auf sie übergegangene imperium sowie die darüber entscheidende Welt-Leitwährung, den Dollar, nicht nur, aber auch Deutschland (inklusive der jeweiligen deutschen Regierung) — regiert, so stellt diese sich aufgrund der jahrzehntelangen speziellen Maßnahmen zur Gesellschaftsumformung völlig anders dar, als es der Großteil der deutschen, mit diesbezüglichen Informationen nicht gerade verwöhnten Bevölkerung ahnt.
Die Bevölkerung der USA selbst ist das erste Opfer dieser — den entsprechenden Strategien der Sowjets in keiner Weise nachstehenden — George-Orwell- "Big-Brother"- Gehirnwäsche- Maßnahmen, von denen erst 2007 F. William Engdahl in seinem Buch Apokalypse jetzt! zusammenhängend berichtet ("Die Erzeugung synthetischer, fundamentalistischer Kulte christlicher Wiedergeborener durch die CIA und andere Dienststellen der US-Regierung begann in den 1950er Jahren. [...]" Ders. 1, S. 154)
Jedenfalls ist es doch aufschlussreich, dass die epochal neue, namentlich den in "Schwarz-Rot-Gold von 1848" angezeigten, lautlos verhängten "'Ausnahmezustand', der die Regel ist" aufhebende und an sich den nächsten, tatsächlich kreativen und nicht "synthetischen, fundamentalistischen" kulturellen Schritt aus der Vergangenheit heraus und in die Jetztzeit bedeutende Fahnenvorlage Neue Form von einer relativ kleinen, alle Macht vor Ort kriminogen-tyrannisch usurpierenden Personengruppe geraubt, zerstückt, zu entleeren und zu entwerten (wenn dies angesichts der Ausdruckslosigkeit dieses Werkes überhaupt möglich wäre) versucht wird, die genau jenen Gehirnwäsche-Aktivisten, Abteilung Deutschland, zuzurechnen sind.
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Das bis zum Ende des 30-jährigen (Glaubens-)Krieges gesondert neben dem schwarz-gelben kaiserlichen Reichspanier (als Symbol der normativ-rechtlichen potestas) gebräuchliche Rot des "Blutbanners" (als Farbe des im vorreformatorischen Alten Deutschen Reich exklusiv von der römischen Kirche beanspruchten imperiums über das 'Heilige Leben' — "das Leben, das nicht geopfert, aber getötet werden darf"; vgl. dazu Agamben 2 — das Symbol der metarechtlich-anomischen auctoritas) wird nach dem "offiziell endgültigen" Erlöschen des (habsburgisch/römisch-katholischen) Alten Reichs im Jahr 1806 und den anschließenden Wirren des Deutschen Bunds bzw. des Vormärz in einer kuriosen, übrigens von ausgesprochen anti-französischen bzw. im Hinblick auf die anti-absolutistische und anti-aristokratische französische Revolution von 1789 anti-revolutionären deutschen Kräften (von denen die Kommunikationsherrscher-Legende will, dass sie die "demokratisch gesinnten" Begründer der ersten deutschen Nationalversammlung bzw. des Vorparlaments in der Frankfurter Paulskirche anno 1848 gewesen seien) gewaltsam vorgetragenen, gegenseitigen Indeterminierung dieser beiden, an sich (ausser eben unter dem Vorzeichen einer Ausnahmezustands-Diktatur, wie es hier gerade entsteht) die zwei antagonistischen, "heterogenen und doch koordinierten" (Agamben 7, S. 101) Elemente der Rechtsordnung des Okzidents symbolisierenden "Farben"Die fälschlich als "demokratisch" (was ohnehin nicht viel heisst) verkaufte Fahne Schwarz-Rot-Gold von 1848 (Abb. links) stellt dem Verstand in einer zwar mit den Mitteln, aber gegen die Regeln der Heraldik vorgenommenen Konstruktion genau das vor, was sie den Augen des Betrachters verheimlicht, also verdeckt, nämlich die Wiedergeburt des anno 1806 angeblich erloschenen, in Wirklichkeit jedoch in den europäischen Untergrund gegangenen und seither — mit zwölfjähriger Unterbrechung am Tageslicht 1933-45 — die Strippen von dort aus ziehenden Heiligen römischen Reichs deutscher Nation, indem sie durch das Ineinanderstecken der (zum Teil heterochromen) "Farben" dieses absolutistisch-totalitären, von jeher klerikalfaschistischen Regimes den "verborgenen Kreuzpunkt zwischen dem politisch-institutionellen Modell und dem biopolitischen Modell der Macht" (Vgl. Agamben 2, S. 16) darstellt ... der mit dem Hakenkreuz der Nazis schon einmal direkt aus der Imprese dieser Fahne hervormarschiert kam.
Jenes weitgehend unerkannt gebliebene, amphibolische Machwerk der "furchtbaren Theokratie, unter der die Deutschen seit tausend Jahren zu leiden haben" (Hugo Ball, 1919), narrte unter der Führung bzw. Anwendung durch eine kleine Elite die gesamte Öffentlichkeit bis zum Juni 2006, als sie — nach dem Wegfall des Hammer-und-Zirkel- Emblems der DDR aus der Imprese 1990 nun auch plötzlich des Bundesadlers der BRD bar — im damaligen "Fahnenmeer" des Ausnahmezustands der in Deutschland ausgetragenen Fußballweltmeisterschaft vom Verfasser im "Jetzt der Lesbarkeit" als das erkannt wurde, was sie wirklich ist: Eine paradigmatische Darstellung des Dispositivs des Ausnahmezustands, des iustitiums des römischen Rechts (Vgl. Agamben 7, S. 59).
Und gleichzeitig fiel auf, dass es jener bereits genannten dunklen Elite nach der "Wiedervereinigung" (d. h. dem Beitritt der DDR — besser gesagt des sofort seine Bürger wieder in der alten Weise unterdrückenden, heute von der DDR und im Zusammenspiel mit der Mafia im Dienste des Kapitals auch auf die BRD ausgeweiteten DDR-Totalitarismus- U-Boots — zur BRD am 3. Oktober 1990) um die faktische Wiedereinsetzung in die Schlüsselposition der souveränen Macht, der (nach Carl Schmitt) totalen Entscheidung über den Ausnahmezustand, mithin die Suspendierung der Verfassung "in toto" (Schmitt) geht ... und zwar über die während dieser Fußball-WM stattfindende "Privatisierung" dieser Fahne sowie die synchrone Verschiebung der politischen Dividende aus dieser Mega-Veranstaltung auf die offizielle politische Leitfigur dieses neuen Absolutismus, die ehemalige Stasi-Partei-Sprecherin sowie DDR-Agitations- und Propaganda- Funktionärin und jetzige CDU-Chefin sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel: Polit-Spektakel-Marketing anstelle von anständigen Inhalten.
Die Zeit für die Kunst war gekommen, sowohl dieser fahnenförmigen Gehirnwaffe der Repression, als auch dem unsäglich unterbelichteten bzw. gefährlich gerissenen, demagogischen "Einheits"-Gekeife der CDU mit einer an die Wurzeln gehenden, kritischen Neufassung Paroli bzw. Schach zu bieten.
Der Pseudo-Dreifarb (oder die Pseudo-Trikolore) SchwarzRotGold [Alter Text] Zum Stichwort Pseudo-Trikolore vgl. die beiden - zum Teil heterochromen - Einzelelemente]
Eine Trikolore besitzt in ihren drei Streifen (ob waagrecht oder senkrecht spielt dabei keine Rolle) eine Zwickmühlenform und kreiert, unabhängig von den eingesetzten Farben, mit ihrer "Mitte" (dem mittleren Streifen) eine Ausnahme, von der die (Ordnungs-)Regel, die sie als ein Dispositiv darstellt, lebt — und die diese Regel im selben Augenblick durch just dieses Zusammenfallen mit ihrer eigenen Ausnahme kurzschließt: Regel und Ausnahme können sich hier gegenseitig verschlingen — dennoch, indem das Recht als solches scheinbar pardoxerweise eine Beziehung zum rechtsfreien Raum nicht nur notwendigerweise pflegt, sondern "dieses Undenkbare" sogar für die Rechtsordnungen des Okzidents, wie Agamben herausgearbeitet hat, an sich "von entscheidender strategischer Bedeutung (ist)" (Agamben 7, S. 62f), besteht hier ein ungemein komplexes, instabiles und den jeweiligen Interpretationen politischer Gruppen überlassenes Feld — das substanzielle Innere des Politischen als solches wird hier definiert, die Trikolore ist das paradigmatische und propagandistische Dispositiv des souveränen Staates als solchem schlechthin (und insofern werfen die Untersuchungen Agambens zum Ausnahmezustand, zur originär juridisch-politischen Beziehung des Banns als dem Band zwischen Souverän und 'nacktem Leben' etc. den tiefsten Blick in das Nähkästchen des Staates).
Die Trikolorenform tauchte ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf: Als erste Trikolore gilt die republikanische, 1579 unter der Führung des Prinzen Wilhelm von Oranien-Nassau im Freiheitskampf gegen Spanien eingesetzte Flagge in den Farben Orange-weiss-blau. Der Dreifarb war also in der Zeitspanne entstanden, in der sich das wissenschaftliche Weltbild der Neuzeit heranbildete. Die berühmteste Trikolore ist zweifellos die der französischen Revolution von 1789. Mehr als 200 Jahre waren seit der holländischen Innovation vergangen. Deutschland, dessen 'Hl. römisches Reich deutscher Nation' 1806 offiziell erloschen war, das sich aber noch in den heftigsten Nachwehen dieser Entwicklung befand, begann nun ebenfalls mit der Designierung eigener dreifarbiger Fahnen.
Durch das 1848 vorgenommene bzw. zu diesem Zeitpunkt zum ersten mal 'offiziell' werdende Einrücken des mittelalterlichen, "ausgenommenen" Rot (das noch weit bis in die beginnende Neuzeit hinein separat, doch wie schon immer üblich, nur im Zusammenhang mit den beiden anderen Reichsfarben, dem Schwarz/Gold des kaiserlichen Paniers, der normativen Komponente der potestas, als davon unterschiedener Ausdruck bzw. Signal der auctoritas existierende Rot) in der damals relativ neuen, von der in der Paulskirche zusammentretenden, ersten verfassungsgebenden Versammlung Deutschlands zum Zwecke der Kennzeichnung "ihrer" — katholisch-dogmatisch dominierten bzw. unterworfenen — Bewegung inaugurierten deutschen Trikolore ist an sich die Geste der Paulskirche im selben Moment triumphal verfälscht worden (und der Triumph sollte anhalten, auch als dieses kaum inaugurierte Banner 1850 schon wieder — bis 1919 — die Segel zu streichen hatte):
Indem sie in Gestalt der Fahne Schwarz/ Rot/ Gold artikuliert werden sollte, wurde diese aus vielerlei, durch die während des vorausgegangenen halben Jahrhunderts stattgefundenen Kämpfe gegen die Repräsentanten der zwar offiziell erloschenen, aber darum faktisch nur umso unterdrückerischeren und virulenteren Alten Ordnung in ihrem Hauptgewicht doch zu "den Wegen ohne Dogma, einem freien Humanismus, einer freien Religiosität, den nicht- oder postchristlichen Strömungen" (Eckhart Pilick) gelangten Strömungen zusammen gekommene Geste paradoxerweise in eine Trikolore gegossen und mit ihr bestückt, in der deren "ausgenommenes" (Mittel-) Element farblich - rot - gekennzeichnet, prä-definiert und damit die 'Ausnahme' der Trikolore potenziert wird: In diesem Schritt findet eine psychologische Ersetzung statt, wie sie Freud für den Fetischisten beschrieben hat; die Wahrnehmung des Fehlens (der Leere/der Leerstelle) wird - nach ihrer Zurückweisung durch die Wahrnehmenden selbst - ersetzt durch die besondere, freilich mythische Besetzung, die das Rot in der auch mit dem Entstehen der Trikolorenform zusammenfallenden "Epoche der Inkongruenz" ("mit Herders Worten 'emblematisches Zeitalter' [Agamben 1, S. 222] - kurz gesagt eine Phase der europäischen Kultur, die von einem "Gegensatz von Eigentlichem und Uneigentlichem" [Ebd., S. 221] geprägt war und die - bis heute - sich gegenseitig abwechselnde Phasen von Epochen des Eigentlichen und solchen des Uneigentlichen in unserer abendländischen Kultur hinterließ [Vgl. Agamben 1, IV.2]) erhalten hatte: Auf der Schiene des die symbolisch-emblematische Form bevorzugenden Uneigentlichen kommt sozusagen ernsthaft (und theologisch gerechtfertigt) die im Hinblick auf eine ausschließlich dogmatisch-christkirchenkompatible Repräsentation des Göttlichen ohnehin vorherrschende Figur zum - nunmehr dem Göttlichen noch ein Stückchen näher gebrachten (oder entrückten, wie man will) - Einsatz: Michael, "Patron des Hl. röm. Reiches deutscher Nation" (und seither Deutschlands), "dessen Farbe das Rot in all seinen Schattierungen" ist, wie die Kirchendogmatik es bestimmt hat. Während hier, sozusagen mit allen Mitteln - die allerdings nur "alle Mittel" der einen, der "uneigentlichen" Art sind, die der "bildlichen oder tropischen oder symbolischen Redeweise" (Thomas von Aquin)[Agamben 1, S. 221n.218] -, ein höchster Mittler der göttlichen Einheit, ein Einheitsrepräsentant beschworen und inauguriert wird, bleibt die Antinomie der "ursprüngliche(n) Zweiheit der metaphysischen Konzeption des Bedeutens [significare] ... der europäischen Kultur" unbewältigt und - unter diesen Voraussetzungen unbewältigbar.
Die Freireligiösen jedenfalls, die die Träger der Emanzipation - namentlich von der Kirchendogmatik - und die ökumenischen Wegbereiter zur Paulskirche gewesen waren, landeten weit abgeschlagen von der Weltbildung und -gestaltung sozusagen auf den hinteren Rängen; die "neue geschichtliche Ära", die von ihnen ausgehen hätte wollen oder sollen, kam nicht. Es wurde nichts aus dem Verlassen des in Dogmen Erstarrten und der alten lebensfeindlichen Ordnung, mit dem "Hinausschreiten über die Grenze auf das Fließende hin zu mehr Lebendigkeit" (Pilick). Bald "endete der Völkerfrühling (...) in Blut und Finsternis." (Ebd.)
- Ob es etwas mit dieser Fahne zu tun hatte, unter der man sich versammelt hatte (und erneut 1919, 1949 und in gewissem Sinne auch 1991 wieder versammelte)? Von einem ökumenischen Geist aus dem Vatikan sieht Deutschland noch heute bekanntlich recht wenig, im Gegenteil, die Restauration rollt - auch der Annexionsversuch des neuen Rot in der Fahne Neue Form durch den erzkonservativen Katholiken und CDU-Mann Zwanziger (DFB) steht in dieser Tradition. Und von daher kann an sich von einem "Geist der Paulskirche" nicht gut die Rede sein - ausser, man verkauft Propaganda. Auf dem Gebiet ist der Gegenstand auch heute noch ein Verkaufsschlager (wie man sich z. B. beim DOSB - und eben auch bei dessen Verwandtem DFB - vollkommen sicher zu sein scheint).
was geschah 2008?
Da in jedem staatlichen Hoheitszeichen, das die das Dispositiv der Ausnahme darstellende Form der Trikolore besitzt, eine nähere Bestimmung bzw. Definition der "unmittelbar auf das Leben (und nicht auf den freien Willen) der Bürger" (Agamben 2, S. 119) bezogenen souveränen Entscheidung (über den Ausnahmezustand) stattfindet (und von daher die Deutungshoheit über die mit ihrem mittleren Element verbundene Farbe von entscheidender Wichtigkeit ist), ist eine solche starre und einseitige Festlegung wie in den deutschen Farben Schwarz-rot-gold von höchstem Interesse — vor allem dann, wenn das Pendel von einer Epoche des Uneigentlichen zu einer Epoche des Eigentlichen schwingt, und das Eigentliche dieses "deutschen" Rots (Vgl.: "Deutsches Rot" 4a), das in der Endphase der vorhergehenden, 'uneigentlichen' Epoche — wie wir es gerade heute in der reconquista dieser Farbe durch die Restauration erleben — noch mit allen Mitteln der Propaganda gepusht wurde, schließlich in der einen oder anderen Art als solches auftaucht.
In diesem Fall der Gestaltung Neue Form wird jedoch nicht nur das Eigentliche dieses Rot erreicht, sondern es wird zusammen mit dessen Uneigentlichem erreicht und — ins Offene entsetzt, in eine Präsenz des Offenen, wird bewusst zu dem gemacht, was es von jeher, weit vor der Besetzung des kompletten Themas durch die Dogmatik der Kirche und damit gewisser konservativer Kreise, eigentlich war, nämlich zu der Farbe, die dem Eigentlichsten des an sich "werklosen", auftragslosen Menschen nahe kommt, seinen Möglichkeiten, seinem Potenzial, seiner Potenz.
Doch nach seinem umgehenden Kidnapping durch die Reaktion ist dieses neue Rot nicht etwa mehr, was wirklich neu gewesen wäre und was niemand erwartet hat, ins Offene, zum Sein befreit, sondern es ist erneut besetzt, okkupiert, annektiert, niedergestempelt, und dadurch wieder unvermeidlich mit dem blinden Ressentiment des rücksichtslos auf "seinem (sehr eigenen) Eigentlichen" Beharrenden aufgeladen, um so sein Uneigentliches diesmal endgültig, was es noch nie geschafft hatte (und auch jetzt, nebenbei bemerkt, trotz dieses bandenmäßigen Andrangs gegen einen Einzelnen nicht schaffen wird), und eben um jeden Preis, an die Wand zu drücken.
Das ist das Spiel, das mit dem zwar in sein Eigentliches (aus dem Uneigentlichen, das es soeben in Schwarz-rot-gold noch bedeutete) entsetzten Rot der Fahnen-Bild-Logik Neue Form aufgeführt werden soll, wenn man betrachtet, wie versucht wird, sie zu erobern, aber es ist so blind und so stur, so zwanghaft und so tödlich wie das Spiel einer Maschine. Es ist, nach allem, eine zwischen modern und alt unentschiedene anthropologische Maschine, die einzig nur ihrer ungeheuren Macht bewusst ist — und ansonsten vorerst einmal ein rigoroser Affenzirkus. Das dicke Ende ist da garantiert vorprogrammiert und wird — um jeden Preis — zu erreichen versucht.
Dadurch allerdings eben, dass die Kidnapper dieses "eigentliche" Rot ihrer niemals der Antinomie von Eigentlichem und Uneigentlichem entkommenen (— ein weiterer Punkt, der nicht im Rahmen der Tradition der abendländischen Metaphysik, hier der "ursprünglichen Zweiheit der metaphysischen Konzeption des Bedeutens", vgl. Agamben 1, S. 221, gelöst werden kann —) und insofern ihrer vollkommen unzulänglichen Deutungs- bzw. Bestimmungshoheit unterwerfen wollen, ist ihre faschistische, mehr noch, typisch nationalsozialistische, eine regelrechte Phobie gegen das Offene — das Sein — hegende Strategie in dem einmal mehr doppelten Spiel sowohl mit der Bevölkerung als auch mit der heute noch immer im Wesentlichen politisch zu blöden — das heisst nicht zu wenig skrupellosen —, bis in die Knochen korrupten Kirche, das sie damit betreiben wollen, bekannt und unausweichlich besiegelt: Das Offene (Vgl.: Heidegger-Zitat, 2. Absatz oben links), von dem die Bild-Logik Neue Form tatsächlich auch spricht, wird zwar erkannt — aber nicht nur nicht anerkannt und in seiner ursprünglichen, originären Zweckfreiheit in Grund und Boden gerammt, sondern propagandistisch instrumentalisiert zu einem (nächsten) Betrug der Superlative am Bewusstsein der solchermaßen von ihnen Unterdrückten: Mit dem Offenen, zu einem wohlfeil "modernen" — oder vielleicht bloß "innovativem" — Hintergrundmotiv degradiert, ziehen die Raubratten, einmal mehr perverserweise, die Grenze einer gottverlassenen Nation. Sie spucken der europäischen Entwicklung, dem entwickelten europäischen Geist, der Evolution fort von einem Fritzl-Patriotismus mitten ins Gesicht: Ist das "deutsch" — nein, widerlich.
Die unterschiedlichen Strategien von 1848 und 2008 reagieren auf verschiedene Bewandtnisse, verfolgen jedoch dasselbe Ziel: Die Aufrechterhaltung der Alten, von der bürgerlichen Autokratie pseudomorphotisch annektierten und vorsichtig tastend zu ihrem alleinigen und ausschließlichen Vorteil mit der Moderne fusionierten, Elend ohne Ende produzierenden Ordnung.
Die totalitäre Kamarilla fälscht einmal mehr die Entdeckung der ursprünglichen Werklosigkeit des Menschen, die Rückgabe des Offenen an dessen Denken, in ein nationalistisches Privatprojekt: "Fußball ist Zukunft" ist die Ersatzansage des Deutschen Fußballbundes e. V., dessen Präsident zugleich der Aufsichtsratsvorsitzende der Tochtergesellschaften DFB-Wirtschaftsdienste GmbH und DFB-Medien GmbH & Co. KG ist, die beide — ganz wie der DFB e,V. selbst, wie Jung_von_Matt, Bitburger, GVK und SachsenFahnen — das größte mittel- und langfristige kommerzielle Interesse an dieser Annexion haben.
Diese Besetzung des Denkens ist der wahre Zweck der Kommunikationsherrschaft, und das war er schon immer — aber heute fällt ihr konsequent die Kunst zum Opfer, als neueste Ressource, die geplündert wird: Es geht um die Verwertungs- und Bestimmungsrechte, um repräsentatives Glänzen in falschen Federn zum Nulltarif bei gleichzeitiger Ausschaltung der Konkurrenz ... bzw. des von den Unionsparteien so geschätzten "Feindes". Es geht, wie immer am Vorabend zum Untergang, um Macht und Einfluss der besonderen, besonders breiten Art.